Trends & Technik

Die Gesellschaft verändert sich rasant: was heute en vogue ist, ist morgen bereits wieder kalter Kaffee. Die Bedürfnisse der Bevölkerung steigen dabei stetig. Was macht SENS eRecycling, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden? Wir geben gerne Einblick in unsere Arbeit.


Postprojekt

Die Post holt’s!

Elektronische Spielwaren einfach von zu Hause aus entsorgen? Anlässlich des International E-Waste Day am 14. Oktober 2019 testete die Post und SENS eRecycling in einem Pilotversuch diese visionäre Idee. In den beiden Zürcher Stadtteilen Seefeld und Schwamendingen konnten während zwei Monaten defekte Elektrogeräte in einem Recyclingbeutel im eigenen Milchfach deponiert werden. Die Post überführte diese dann ins Recycling. Das gesetzte Ziel von 180 retournierten Beuteln wurde klar erreicht.

Seit 30 Jahren können Herr und Frau Schweizer ihre defekten Geräte kostenlos an einer der über 600 Sammelstellen oder im Detailhandel zurückbringen und so dem Recycling zuführen – ein System, das sich bewährt. Wäre es aber nicht praktisch, defekte Elektrogeräte unkompliziert direkt von zu Hause aus zu entsorgen? Die Komfortansprüche steigen auch im eRecycling stetig an. Im Pilotprojekt «Die Post holt’s!» wurde deshalb in zwei Stadtzürcher Quartieren eine Domizilsammlung während zwei Monaten angeboten und so die Convenience der Bewohnerinnen und Bewohner erhöht. In einem Einzugsgebiet von rund 23’ooo Haushalten wurden insbesondere Familien dazu aufgefordert, defekte elektronische Spielwaren zu recyceln.

Warum elektronische Spielwaren? Die Zielgruppe wurde auf Familien festgelegt. Da bestimmt jede Familie irgendwelche defekte Elektroautos oder Drohnen im Keller hat wurde der Fokus auf die elektronischen Spielwaren gesetzt. Den Haushalten wurde zu diesem Zweck ein Mailing zugestellt, in welchem sich ein Recyclingbeutel und ein Infoflyer befanden. Defektes Elektrospielzeug konnte einfach in den Beutel gefüllt werden und im Milchfach des eigenen Briefkastens deponiert werden. Die Post holte diese dann jeweils bei der Postzustellung ab und führte sie dem Recycling zu. Als flankierende Massnahmen wurde während der Aktionslaufzeit auf Social Media und auf unserer Website über das Projekt informiert. Ein Bericht im Swiss Recycling Magazin portraitierte zudem unser Pilotprojekt.

Insgesamt kamen über 207 kg an Material zurück – ein voller Erfolg. Mit nur 1% Fremdstoffen war das gesammelte Material von hoher Qualität. Durch eine akribische Erfassung des zurückgesendeten Materials konnte eine für uns wertvolle Analyse durchgeführt werden. Im gesammelten Material zeigten sich zudem spannende Unterschiede zwischen den Sammelgebieten Schwamendingen und Seefeld hinsichtlich der Qualität der recycelten Geräte. Das Pilotprojekt wird im 2020 auf eine grössere Region ausgedehnt, um erweiterte und vertiefte Einblicke zu erhalten.

Zahlen

  • 23'000 Mailings mit Infoflyer und Reyclingbeutel per Post versendet
  • Rund 780 retournierte Gegenstände
  • 207 kg gesammelte Elektrogeräte
  • 72% Elektro mit vRG, 8% Elektro ohne vRG, 19% Spielwaren, 1% Fremdstoffe

Auf einen Blick

Hauptziel
Prüfen neuer Rücknahmewege von Elektroschrott; Komfort für die Endkundin und den Endkunden bei der Entsorgung von Elektroschrott erhöhen

Massnahmen
Entwicklung eines Rücknahmesystems per Post, Pilotprojekt in zwei Regionen Zürichs, kommunikative Begleitung des Projekts auf Social Media, der Website und in einem Fachmagazin

Reichweite
Mailing an 23'000 Haushalte und damit rund 48'300 erreichte Personen, Bericht Radio Energy und zahlreiche Anfragen zum Projekt von Schulen und Bewohnerinnen und Bewohnern der Pilotregionen

Fazit
Das gesetzte Ziel von 180 retournierten Recyclingbeuteln wurde klar erreicht. Der Fremdstoffanteil lag zudem bei lediglich 1%. Im Jahr 2020 wird das Projekt auf eine grössere Region in der Stadt Zürich und in Bern ausgedehnt


Ressourcen Trialog

Wichtiger Impuls für die Zukunft der Schweizer Abfall- und Ressourcenwirtschaft

Elf gewichtige Akteure aus Politik, Behörde, Wirtschaft und Gesellschaft haben sich in einem Dialogprozess mit den künftigen Herausforderungen der Abfall- und Ressourcenwirtschaft auseinandergesetzt. Dabei sind elf richtungsweisende Leitsätze entstanden. Als Initiant und Vorstandsmitglied von Swiss Recycling konnte sich unser Stiftungsratspräsident Andreas Röthlisberger aktiv im Ressourcen Trialog einbringen.

Die Schweiz hat einen hohen Ressourcenverbrauch. Als rohstoffarmes Land hat daher die Gewinnung von Sekundärrohstoffen einen hohen Stellenwert. Es gelingt bereits erfreulicherweise bei verschiedenen Abfallfraktionen, diese mit wirtschaftlich tragbarem Aufwand herzustellen. Entsprechend dem schweizerischen Abfall-Leitbild von 1986 («vermeiden, vermindern, verwerten, entsorgen») lag der Fokus in der Vergangenheit aber stets auf dem Abfall, erst langsam werden Abfälle konsequent als Ressourcen erkannt und behandelt. In diesem Sinne will der Ressourcen Trialog den Weg aufzeigen zu einem Ressourcen-Leitbild 2030 und damit einen wichtigen Beitrag leisten zu einer nachhalten Kreislaufwirtschaft in der Schweiz.

Im gemeinsamen Interesse von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt wurden deshalb mehrheitsfähige Lösungsansätze gesucht. Lösungsansätze, die in unserem hochentwickelten Land dazu beitragen, Energie- und Materialeinsatz zur Herstellung von Produkten und Dienstleistungen zu minimieren, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und Abfälle wo immer möglich zu vermeiden oder zu verwerten. Auf Initiative von Swiss Recycling und dem VBSA in Zusammenarbeit mit dem Kanton Aargau, dessen Baudirektor Stephan Attiger sich bereit erklärte, den Ressourcen Trialog zu hosten und zu präsidieren, wurde der Ressourcen Trialog ins Leben gerufen. Dieser wurde getragen von elf Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Elf Leitsätze
Mit unterschiedlichen Interessen und Erwartungen wurde das Projekt 2014 gestartet und erstreckte sich über drei Jahre. Es brauchte einen langen Atem, das anfänglich scheinbar Unlösbare möglich zu machen: einen gemeinsamen Weg für eine nachhaltige Ressourcenwirtschaft zu finden. Den Beteiligten gelang es aber dank einer ausgezeichneten Moderation, einen Konsens zu finden und sich auf elf Leitsätze zu einigen. Die elf Leitsätze für die Schweizer Abfall- und Ressourcenwirtschaft 2030 lauten:

  • Leitsatz 1: Wirtschaft und Gesellschaft handeln eigenverantwortlich und freiwillig.
  • Leitsatz 2: Bei der Verwertung von Abfällen wird ein fairer Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern angestrebt.
  • Leitsatz 3: Die Entstehung von Abfällen wird wenn möglich vermieden.
  • Leitsatz 4: Rohstoffe zirkulieren optimal in Kreisläufen.
  • Leitsatz 5: Produzenten, Konsumenten und andere Akteure tragen die Verantwortung für die Umweltauswirkung von Produkten über den ganzen Lebenszyklus.
  • Leitsatz 6: Die Primär- und Sekundärrohstoffe in der Schweiz werden nachhaltig bewirtschaftet.
  • Leitsatz 7: Massnahmen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen werden in Bezug auf ihre ökologische und ökonomische Effizienz und Effektivität priorisiert.
  • Leitsatz 8: Transparenz bei den Finanz- und Stoffflüssen bildet die Basis für Optimierungen der Entsorgungssysteme.
  • Leitsatz 9: Bei der Verwertung und Behandlung von Abfällen werden hohe Standards eingehalten.
  • Leitsatz 10: Die Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Entsorgungssysteme strebt nach einer Optimierung von Kosten, Umweltnutzen und Kundenfreundlichkeit.
  • Leitsatz 11: International erzielt die Schweizer Ressourcen- und Abfallwirtschaft dank Innovation und Spitzentechnologien eine grosse Wirkung.


Nun gilt es, den Worten Taten folgen zu lassen. Es ist an den Beteiligten, die Leitsätze in ihren Organisationen zu verankern, weiter zu tragen und konkrete Projekte zu lancieren.

Andreas Röthlisberger
Präsident Stiftung SENS

Drei Fragen an Andreas Röthlisberger

Andreas Röthlisberger ist Gründer und Präsident der Stiftung SENS eRecycling. Als Vorstandsmitglied von Swiss Recycling war er zudem am Zustandekommen des Ressourcen Trialoges massgeblich beteiligt.

Sie haben den Ressourcen Trialog initiiert. Was waren Ihre Beweggründe?
Die SENS hat vor 30 Jahren als erste Organisation die Hersteller-Verantwortung (für Hersteller, Importeure und Handel) umgesetzt und dafür gesorgt, dass die zu Abfall gewordenen Produkte bestmöglich und unter Einhaltung von den massgeblichen Umweltvorschriften in den Kreislauf zurückgeführt werden können.

Die Methodik des «Energie-Trialoges», in welchem der Aargau eine führende Rolle hatte, inspirierte mich zur Idee, auch im Bereich Abfälle-Ressourcen einen ähnlichen Prozess zu starten. Alle reden von Kreislaufwirtschaft. Es geht darum, die Kräfte, die dazu massgeblich sind, zu bündeln: Angefangen bei den Herstellern/Importeuren und dem Handel, über die Behörden von Bund und Kantonen sowie die gesamte Recyclingwirtschaft, dazu auch die NGOs. Swiss Recycling und VBSA waren im Boot – und als der aargauische Baudirektor Stephan Attiger seine Zusage gab, den Ressourcen Trialog zu hosten und zu präsidieren, war das der Durchbruch für den erfolgreichen Start des Projekts.

Träger des Ressourcen Trialogs sind elf Akteure aus Politik, Behörde, Wirtschaft und Gesellschaft mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungen. Wie sah die Zusammenarbeit aus und was waren Herausforderungen?
Die Erwartungen waren hoch – die Herausforderungen ebenso. Dank der Methodik des «Trialogs», in dem es immer darum geht, die Aussagen aller andern zu verstehen und als solche zu akzeptieren, auch wenn man nicht damit einverstanden ist, sowie dank einem guten Mix zwischen Workshops in kleineren Gruppen und Plenumsveranstaltungen, gelang es immer wieder für jeden Schritt einen Konsens von allen Beteiligten zu erreichen. Massgebend für diesen Erfolg war auch die externe Moderation. Am Schluss war für alle Beteiligten die Tatsache, bis am Schluss immer wieder zu einem Konsens zu kommen, das eigentliche Schlüsselerlebnis.

Sie appellieren an die Eigenverantwortung und Freiwilligkeit der Wirtschaft und Gesellschaft. Wieso stellt dies für Sie eine erfolgreichere Strategie als eine staatliche Lösung dar?
Die sogenannte «Producer Responsibility» ist in Europa und weltweit heute anerkanntermassen die Grundlage für jede Kreislaufwirtschaft. Die Schweiz war mit der SENS das erste Land, das dieses Prinzip – freiwillig notabene – umgesetzt hat. Das Prinzip ist so stark, weil es wie einem Naturgesetz abgeschaut ist: «was ich säe, das ernte ich». Niemand ist besser in der Lage, aus seinem Produkt, das er auf den Markt bringt, wieder Bestandteile, Sekundärrohstoffe oder Energie zu gewinnen, als der Unternehmer selber. Er hat die Verantwortung. Ob er es selber macht oder andere damit beauftragt, ist Nebensache. Dabei haben auch der Konsument und die Konsumentin ihre Verantwortung zu übernehmen. Das Pendant zur Producer Responsibility ist die «Consumer Responsibility»: Wenn der Konsument in der Lage ist, komplexe Produkte wie eine IT-Anlage oder andere elektronische Geräte zu kaufen, dann ist er auch in der Lage, diese nach Beendigung deren Lebenszyklus am richtigen Ort zum Recycling zu bringen. Und dann weiss er auch, dass er nicht nur für den Konsum des Produktes zu zahlen hat, sondern auch für das entsprechende Recycling.

Staatliche Lösungen entheben die Wirtschaft ihrer Verantwortung, diese wird reduziert auf die Finanzierung. Und das kann es nicht sein, denn wir können in der Schweiz nicht von Kreislaufwirtschaft sprechen, wenn wir die wichtigste Grundlage dazu, die Hersteller-Verantwortung, aushebeln.

Der Ressourcen Trialog
Lanciert wurde der Trialog im Jahr 2014 durch den Kanton Aargau, das Bundesamt für Umwelt BAFU und den Wirtschaftsverband economiesuisse auf Initiative von Swiss Recycling sowie dem VBSA. Der Ressourcen Trialog zeichnet sich durch die konsens-orientierte Herangehensweise und die Methodik hinter dem Prozess aus. Damit eine neutrale Basis geschaffen werden konnte, wurde der Trialog durch eine externe Person moderiert. Der Ressourcen Trialog befasst sich mit der Frage, wo die Schweizer Abfall- und Ressourcenwirtschaft als Bestandteil der Kreislaufwirtschaft im Jahr 2030 steht. Die Träger waren elf Akteuren:

  • Bundesamt für Umwelt BAFU
  • Cemsuisse
  • Economiesuisse
  • Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie FSKB
  • IG Detailhandel Schweiz
  • Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter der Schweiz KVU (Cercle déchets)
  • Organisation Kommunale Infrastruktur OKI
  • Baustoffrecycling Schweiz arv
  • Stiftung PUSCH / WWF Schweiz / Cosedec
  • Swiss Recycling
  • Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen VBSA