Von Smart Toys, Piraterie und freiwilligem Recyclingbeitrag
Spielwaren werden immer digitaler, vernetzter, aber auch nachhaltiger. Wir wollten vom Präsidenten des Schweizer Spielwarenverbands Hans Christian von der Crone wissen, wie diese Trends die Spielwarenindustrie beeinflussen, was Smart Toys auszeichnet und worauf wir beim Kauf von Spielwaren achten sollten. Und: weshalb er uns der Umwelt zuliebe von Billiganbietern dringend abrät.
Herr von der Crone, welche Spielwaren liegen momentan bei Schweizer:innen im Trend?
Sehr gefragt sind Klemmbausteine, die auf die verschiedensten Arten zusammengesetzt werden können. Aber auch Sammelartikel wie Karten oder Figuren aus Plüsch sind beliebt. Manche Plüschtiere sind heute mit recyceltem PET gefüllt und auch ihre Aussenhüllen bestehen aus recyceltem PET. Ein Dauerbrenner bleiben traditionelle Spielwaren wie Gesellschaftsspiele, Puzzles, Kreativ-Sets zum Malen und Basteln oder Puppen – mit oder ohne spezielle Funktionen. Auch die Klassiker unter den elektronischen Spielzeugen sind nach wie vor hoch im Kurs: Dazu gehören ferngesteuerte Autos ebenso wie Walkie-Talkies für Kinder. Aber auch Holzartikel laufen gut. In der Schweiz werden diese in der Regel aus zertifiziert nachhaltigem Holz (FSC) hergestellt. Dennoch ziehen die Konsument:innen oft günstigere Produkte den teureren vor. Die Budgets sind geschrumpft, deshalb siegt beim Kauf oft der Preis über die Nachhaltigkeit.
Wie zeichnen sich moderne, intelligente Spielzeuge aus?
Wir unterscheiden zwischen Smart Toys, Smartwatches für Kinder sowie Sprachassistenten und vernetzten Spielgeräten. Zu den Smart Toys zählen per App gesteuerte Roboter, sprechende Puppen oder Kuscheltiere. Sie alle zeichnen sich meist durch ein spezielles Design aus und verfügen über interaktive Funktionen, die sie «lebendig» machen; durch Sprache, Töne, spezielle Lichteffekte oder Bewegungen. Immer beliebter werden Smartwatches. Bereits gibt es Kinderuhren mit Abhörfunktionen. Diese sind (glücklicherweise) in der Schweiz nicht zulässig. Aber Sprachassistenten, die Befehle empfangen und weiterleiten können, sind auch hier erlaubt. Damit können Kinder Musik und Bücher hören oder Suchmaschinen bedienen. Zu den vernetzten Spielfahrzeugen gehören digitale Renn- oder Eisenbahnen. Sie sind immer öfters mit Kameras ausgestattet und zeigen zum Beispiel die Anzahl Runden auf Displays an. Auch für Klemmbausteine gibt es diverse elektronische Erweiterungssets, die noch mehr interaktiven Spass bieten. Weiter gehören Lernsysteme wie Tiptoi-Stifte und -Bücher sowie Hörspiel-Lautsprecher mit und ohne Figürchen zu den vernetzten Spielgeräten. Letztere sind meistens mit einer Streaming-Plattform verbunden.
Smart Toys smart und gratis recyceln
Intelligente Spielgeräte – sogenannte Smart Toys – gehören wie alle Spielgeräte, die mit Batterien oder einem Akku ausgestattet sind, zu den elektrischen oder elektronischen Geräten. Deshalb sollten sie am Ende ihrer Lebensdauer unbedingt dem Recycling zugeführt werden. Dank dem vorgezogenen Recyclingbeitrag, den wir in der Schweiz bereits beim Kauf der Geräte zahlen, können wir sie gratis in die Verkaufsläden zurückbringen oder sie zur nächsten SENS-Sammelstelle bringen.
Worauf sollten Eltern, Grosseltern, Götti oder Gotti beim Kauf von Spielwaren achten?
Das A und O ist die Qualität. Käufer:innen sollten auf Markenprodukte und Lizenz-Artikel achten. Diese garantieren nicht nur eine hohe Qualität und damit eine längere Lebensdauer, sondern auch die nötige Sicherheit der Produkte. Von ausländischen Billig-Plattformen wie zum Beispiel Temu oder Shein raten wir ausdrücklich ab. Konsument:innen finden in diesen Shops viele Produkte, die den Markenartikeln ähneln. Meistens handelt es sich dabei um Produktpiraterie, also Kopien von Markenartikeln, die billigst produziert und vielfach nicht geprüft wurden. Immer wieder zeigen Testberichte, dass viele dieser Spielwaren gefährliche Inhaltsstoffe aufweisen.
Welche Schadstoffe werden am häufigsten in solchen Billigspielwaren entdeckt und auf welche Gütesiegel können sich Konsument:innen verlassen?
Immer wieder ergeben Labor-Tests, dass Billigprodukte verbotene Weichmacher enthalten oder zu hohe Cadmium-, Nickel- oder Bleiwerte aufweisen, die für Mensch und Umwelt schädlich sind. Nebst diesen Schadstoffen geht von Billigstspielzeugen häufig auch eine erhöhte Brandgefahr aus. Trotzdem halten wir Gütesiegel für überflüssig. Denn das Gesetz schreibt vor, dass alle in der Schweiz hergestellten und verkauften Spielwaren höchsten Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Dahingehend werden die Schweizer Spielzeughändler auch regelmässig geprüft. Wenn also auf dem Produkt eine Adresse in der Schweiz oder in Europa angegeben wird, bürgen Hersteller, Lieferant und Händler mit seinem Namen für die Sicherheit und Nachhaltigkeit seines Produkts.
So wertvoll ist das Recycling
SENS eRecycling sorgt dafür, dass bei der Verwertung von Spielgeräten nicht nur allfällige Schadstoffe sicher entfernt und fachgerecht entsorgt werden, sondern auch dafür, dass wertvolle Metalle oder elektronische Teilchen aus den Spielgeräten wieder zurück in den Rohstoffkreislauf gelangen.
Gibt es einzelne Händler, die auch einen Reparatur-Service für Spielwaren anbieten oder ist das (noch) Zukunftsmusik?
Es gibt Firmen, die Reparatur- oder Austausch-Services anbieten. Oder sie verfügen zumindest über Ansprechpartner in der Schweiz oder vor Ort. Dank des vorgezogenen Recyclingbeitrags nehmen sie auch defekte elektronische oder elektrische Spielwaren, die sie im Sortiment führen, gratis zurück und sorgen dafür, dass die Produkte via SENS-Rücknahmesystem fachgerecht entsorgt werden.
Welche Trends werden in den kommenden Jahren die Spielzeugindustrie prägen?
Die Nachhaltigkeit wird eine immer wichtigere Rolle spielen. Aber auch die Sicherheit bei den Funktionen und Materialien wird ein zentrales Thema bleiben. Einen starken Trend erkennen wir bei den Kidult-Produkten. Das sind Spiele für Erwachsene. Weiterhin wird auch das Sammeln und Tauschen von bestimmten Artikeln beliebt bleiben. Die Spielwaren-Piraterie, also das unerlaubte Kopieren von Spielgeräten, müssen wir gezielt eindämmen. Auch Verkaufskanäle oder Händler, die keinen vorgezogenen Recyclingbeitrag auf den verkauften Geräten verlangen und damit unser System unterwandern, gilt es zu meiden. Sie stellen eine Gefahr für alle Beteiligten dar: Nicht nur für die Konsument:innen, sondern auch für die Schweizer Wirtschaft und für die Umwelt.
Wenn im Ausland, dann fair: zahl jetzt den freiwilligen vRB
Kaufen wir Spielwaren im Ausland oder auf ausländischen Online-Plattformen, zahlen wir auch keinen Beitrag ans Recycling. Dies, obwohl die meisten unserer Spielgeräte am Ende ihrer Lebensdauer im Schweizer Rücknahmesystem für elektrische und elektronische Geräte landen, wo sie von SENS eRecycling und ihren Partnern fachgerecht entsorgt und verwertet werden. Durch dieses Auslandshopping gehen vRB-Gelder, die für die Finanzierung des Recyclings nötig wären, verloren. Das schwächt das Schweizer Entsorgungssystem. Bleib also fair, kaufe bei vRB-Partner oder zahle einen freiwilligen vRB, wenn dir die Umwelt etwas wert ist.